Kölner CSD stellt sich selbst kalt


„Unsere Freiheit hat Geschichte – 40 Jahre CSD“

Unter diesem blutleeren Motto feiern Ende Juni wieder viele Schwule und Lesben unbeschwert die Sommer-Verison des Karneval die sich „cologne pride“nennt. Bei dieser Veranstaltung muss es wohl um „Stolz auf das kölsche Lebensgefühl“ gehen, denn mit den politischen Demonstrationen die einen echten CSD ausmachen sollten hat diese Veranstaltung nicht mal mehr ansatzweise etwas zu tun.

2009 feiert Deutschland zwei große, positive Jubiläen. 60 Jahre Grundgesetz und 20 Jahre Fall der Berliner Mauer. Unsere 40 Jahre CSD fallen da etwas aus dem Rahmen, weil der Anlass für dieses Jubiläum Widerstand gegen gewalttätige Polizeirazzien ist. Doch Lesben und Schwulen ist im Lauf der letzten 40 Jahre gelungen, aus dem eher traurigen Ursprung eine Erfolgsgeschichte aus wachsendem Selbstbewusstsein und gesellschaftlichem Wandel zu machen.

Ja. Man merkt, daß dem Veranstalter die wurzeln wohl peinlich sind. Wir fallen aus dem Rahmen, leisten Widerstand. Aber zum Glück haben wir das ja überwunden und sind jetzt fein, brav, gleichgeschaltetes Partyvolk.  Passend hierzu frohlockt Olaf Müller, Bühnenorganisator, über einen wohl zentralen Teil der Veranstaltung (Quelle: koeln.de)

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren werde es nicht nur „Bumm Bumm“ geben, sondern sowohl Musik für die „Hard-Core-Tänzer als auch für Famlienväter, die einfach nur Bummeln wollen“.

Ja. Wir öffnen uns der Zielgruppe. Wir stören nicht mit harten Forderungen sondern bieten Mainstream-Programm für die ganze Familie. Die ideale Ergänzung zum sonntäglichen Stadtbummel. Ganz offensichtlich ist den Veranstaltern wohl auch nicht peinlich, daß der CSD völlig aussagelos ist.

Obwohl die Organisatoren diesmal auf „klassische politische Botschaften“ verzichten, bleibe die Forderung bestehen, dass Schwulen und Lesben weiterhin „jederzeit sichtbar und gehört“ werden wollen.

Von dieser Forderung muss man wohl in der Zeitung gelesen haben. Sichtbar wird sie auf jeden Fall nicht werden.

Großmütig wird auch auf die Bestrafung nach Maßgabe der beschlossenen Carta verzichtet. Dies ist wohl einer „Wertediskussion“ geschuldet die erstmal ausgesessen werden muss. Gemeint ist wohl das vernichtende Medienecho zu diesem Machwerk welches sich wohl erstmal legen soll.

Gerade in einem Superwahljahr gäbe es so viele Themen die behandelt werden könnten. Anti-Diskrikinierungs-Gesetze, Eheöffnung, Solidarität mit Unterdrückten Schwulen z.B. in Russland, Iran, Jamaika, Szenesterben, Homophobie, Gewalt gegen Schwule, „Schwul“ als Schimpfwort in Schulen und die Bedrohung schwuler Clubs durch Änderungen von Bebauungsplänen in Köln wären Themen gewesen zu denen man gerade vor den Wahlen Statements aus der Politik hätte einfordern können. Doch diese Chance wird verspielt. Im Gegenteil suggeriert das Motto: „Es ist alles erreicht. Wir blicken auf eine erfolgreiche Geschichte zurück. Die dunklen Kapitel sind überwunden.“

Als Motto für ein unbeschertes Party-Wochenende taugt das. Als Motto für einen politischen CSD ist es unerträglich.

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Eine Antwort zu “Kölner CSD stellt sich selbst kalt”

  1. ich kann nicht sagen, dass ich erstaunt bin. wohl aber erschrocken, wie strunzebürgerlich und langweilig immer größere teile der kölner szenen werden …

    vielleicht sollten einfach möglichst viele schwule und lesben NICHT hingehen, vielleicht merken sie’s dann – aber das ist wohl nur ein traum.

    und alternativen, wie wir sie in berlin mit dem transgenialen csd haben, sind ja leider bisher in köln meist gescheitert …

    wenn schon die organisatoren des etablierten klust-csd auf politische botschaften verzichten wollen – warum ist denn dann dieser csd noch eine politische demonstration (mit entsprechenden vorteilen, zb gebühren abfallbeseitigung) ???

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