Das Argument vieler Gesprächspartner geht wie folgt:
„Ihr habt doch schon alles erreicht, Schwule sind anerkannt, ihr könnt heiraten, Diskriminierung und Schwulenhass gibt es nicht mehr… Warum seid ihr dann immernoch so laut und fügt euch nicht einfach ruhig in die Gesellschaft ein.“
Wenn das mal nur so wäre…..
Schwule sind toleriert. Trotzdem ist es für Eltern immernoch ein Problem wenn ihr Kind sich outet. Warum freuen sich die Eltern nicht einfach für das Kind, das nun weiß wohin es will.
Heiraten? Nein. Eine „eingetragene Partnerschaft“ die zwar alle Pflichten, aber immernoch nicht alle Rechte hat. Und wenn man es mal genau betrachtet: Wenn sich die politische Lage im Land mal ändert, und das kann schneller passieren als man denkt, dann haben evtl. homophobe Regierungen gleich „Rosa Listen“ auf denen schwule fein säuberlich vermerkt sind. Diese Regelung trägt mehr zur Diskriminierung bei als das sie diese abschafft. Eine echte Gleichstellung von Heteros und Homos in der gesetzlichen Ehe ist der einzige Schritt der daran was ändern würde.
Aber der Grund warum ich diesen Artikel schreibe ist folgender: Viele Leute glauben, daß man als Schwuler genauso leicht leben könnte wie als Hetero. Das ist leider auch nicht der Fall. Ein Beispiel hierzu liefert der Blogger baumarktpflanze auf „Gay Dating Tricks„. In seiner Rubrik „Anekdoten aus einem schwulen Leben“ berichtet er gerade darüber, daß sein Freund in einem Bus krankenhausreif geschlagen wurde ohne das ihm geholfen wurde. Die Täter schienen offensichtlich von Schwulenhass motiviert worden zu sein und es war nicht der erste Übergriff dieser Art. Der wahre Hohn ist, daß das Opfer die Polizei selbst rufen musste bevor es ohnmächtig wurde.
Dieser Artikel soll zwei Nachrichten senden.
1. Gute Besserung an den Freund von baumarktpflanze. Ich hoffe, daß er bald und ohne bleibende Schäden wieder gesund wird.
2. An alle, ob schwul oder hetero, die glaubten, daß alles erreicht ist und daß es keine Probleme mehr für Schwule gibt. Wacht auf!
3 Antworten zu “Ihr habt doch schon alles erreicht”
schön seziert, das märchen vom ‚alles erreicht‘ …
die reihe der beispiele ließe sich beliebig fortsetzen … sei mal am arbeitsplatz offen schwul (nicht für jeden und in jedem beruf ein vergnügen), oder die weitergabe von daten zur sexuellen orientierung an die usa, oder die such-filter von versicherungen, mit denen sie schwule kunden möglichst aus den anträgen ausfiltern wollen …
erschreckend die geschichte von baumarktpflanze … eine realität auch in ‚hocburgen‘ wie köln und berlin … und noch erschreckender, dass keiner der mitfahrer geholfen hat …
habe nur ich das gefühl oder stellen sich schwule immer gerne selber ins abseits?! sicherlich ist es nicht einfach für homos, aber genauso nicht einfach ist es auch für rollstuhlfahrer, andersfarbige, einäugige und dicke singels…
btw. ist es niemals zu tolerieren das „randgruppen“ andere „randgruppen“ in irgendeiner form verletzen!
Ja ja. Die gute alte „dicke Singles“-Argumentation.
Die genannten Gruppen werden natürlich diskriminiert. Einige stehen sogar in einigen Dingen mehr im Abseits. Aber es kommt ja auch keiner auf die Idee eine Lungenentzündung nicht zu behandeln weil es viel schwerwiegendere Krankheiten wie z.B. Ebola gibt. Es gibt Leute die sich für die Betroffenen dieser Gruppen einsetzen und die haben meine vollste Sympathie und Unterstützung. Ich engagiere mich aber als Betroffener für ein anderes Gebiet.
Die dicken Singles nehme ich da mal raus, da die einfach ein blödes Argument sind das von konservativen Starrköpfen dafür genutzt wird die Diskussion ins Lächerliche zu ziehen. Sie lenken dadurch von realer Diskriminierung nicht zuletzt im Steuerrecht und von realer Gewalt gegen Homosexuelle ab, nur um ein veraltetes Gesellschaftsbild mit „Vater, Mutter, Kind“ aufrecht zu erhalten in dem sich Homosexuelle einfach nur für „den richtigen Weg entscheiden müssen“. Im Gegensatz zu dicken Singles haben wir diese Möglichkeit nicht. Die hohen Selbstmordraten unter homosexuellen Jugendlichen im oder vor dem Outing führen einem das nur zu deutlich vor Augen.